fit 2002 > Softwareentwicklungsmodelle > Wasserfallmodell > Entstehungskontext

 

Überblick

 


Vorgeschichte und Problemstellung:


Das Wasserfallmodell wurde in seiner ursprünglichen Form das erste mal von Dr. Winston W. Royce 1970 präsentiert >[Royce, 1970]. Aber bereits früher konnte man die Grundstrukturen des heutigen Wasserfallmodells in verschiedenen Publikationen der U.S. Air Force und aus der Industrie erkennen. So fand es zum Beispiel Einfluss bei der Entwicklung eines Air Defense Software Systems namens SAGE (semi automated ground environment) in den 50er Jahren.

Das Wasserfallmodell ist eigentlich eine Verbesserung des einfachen Phasenmodells, wie es bereits Herbert D. Benington 1956 vorgestellt hat >[Benington, 1956]. In dem als nine phase stage-wise model bekannten Ansatz wurde der Software Entwicklungsprozess in 9 Phasen eingeteilt. Royce's Einteilung der Phasen erfolgte so, dass jede Phase von ihrer vorhergehenden Phase abhängig ist. Somit war es möglich den Prozess in "Einzelteile zu zerlegen".

Das sich das Modell ursprünglich nicht sonderlich durchsetzte lag vor allem daran, dass es keinen Informationsfluss (feedback) entgegen des eigentlichen Phasenverlaufs gab. Diese später eingeführte Erweiterung des Modells, die auch als Rückkopplung bezeichnet wird, ist auch die Ursache dafür, warum das von Barry Boehm in den 80er Jahren vorgestellte Modell nicht nur großes Interesse und viele Anwender fand, sondern noch heute als das Wasserfall Modell bezeichnet wird.

"Weltbild" der Entwickler


Dr. Winston W. Royce (1929 - 1995) war gegen Ende seiner beruflichen Laufbahn Direktor des Lockheed Software Technology Centers. Er war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten im Bereich der Software Entwicklung des 20ten Jahrhunderts. Fast zu unrecht wird immer wieder Barry Boehm als Erfinder des Wasserfallmodells bezeichnet. Dabei fanden sich alle Konzepte seines Modells bereits in einer Publikation von Royce >[Royce, 1970], in dem dieser selbst aber nicht explizit von einem Wasserfallmodell sprach. Modell siehe >Konzept.

 

Barry Boehm arbeitet derzeit im USC Center of Software Engineering als Direktor des Computer Science Departments. In seinem Werk über Software Entwicklung (>Boehm, 1981) griff Boehm das Konzept des Phasenmodells, wie es Royce schon 1970 beschrieben hatte, auf und erweiterte es um einen Verifizierungs- und Validierungsaspekt. Zusätzlich war die Rückkopplung fester Bestandteil des Modells (siehe rechte Abbildung).

Für mehr Informationen über Barry Boehm siehe >Spiralmodell.


re.: Wasserfallmodell nach Boehm 1981
      >Quelle


Ideengeschichtliche Einflüsse, Umfeld


Durch ein Phasenmodell sollten alle wesentlichen Anforderungen (personeller, finanzieller sowie terminlicher Art) planbar und kontrollierbar sein. Für das Wasserfallmodell heißt das, dass folgende Prämissen erfüllt sein müssen:

  • alle wesentlichen Anforderungen der späteren Anwender sind bekannt
  • die Anforderungen werden während des Prozesses nicht wesentlich verändert
  • das System kann in einem Zug vollständig entwickelt werden
  • es handelt sich um eine Neuentwicklung, die nicht durch Modifikation vorhandener Software entsteht

Diese Vorstellungen entsprechen jener einer Fertigung, bei der das Produkt während des Fertigungsprozesses mehrere Phasen durchläuft. Jede der Phasen muss zunächst abgeschlossen werden, bevor das Produkt dem nächsten Fertigungsabschnitt zugeführt werden kann. Letztlich steckt die Vorstellung eines Fließbandes für Softwareprodukte hinter diesem Modell, genannt "Software Factory". Abbildung siehe >Konzepte.

 

Weiterführende Informationen


[Royce, 1970] "Managing the Development of Large Software Systems"

[Benington, 1956] "Production of Large Computer Programs"

[Boehm, 1981] "Software Engineering Economics"

"Glossary: Waterfall" >[http://www.informatik.uni-bremen.de/.../WATERFALL.htm]
 

Verweise auf Arbeiten anderer Gruppen


>Software Factories@Produktionsverhältnisse
enthält nähere Details zur Entstehung und über das Konzept von Software Factories

>Requirements Engineering@Wissensmanagement
erklärt den Einsatz von Validierung und Verifikation während des Engineering Prozesses

>Entstehungskontext | Konzepte und Techniken | Entwicklung und Auswirkungen | Praxis | Bewertung


Autor: Markus Rerych; Tutor: Stephan Wright