fit 2002 > Softwareentwicklungsmodelle > Bazaarmodell > Bewertung

Überblick

> Technische Voraussetzungen - Am Anfang war die Inkompatibilität.
> Soziale Aspekte - Am Anfang war die Unzufriedenheit.
> Bewertung - Echte Neuheit?
> Weiterfuerende_Informationen - Links zu den Quelltexten
> Links zu anderen Gruppen - nicht nur wir ...


Die Geschichte von Open Source hat etwas von einem natürlichen Prozeß, Entwicklung einer neuen Lebensform. Aus der Perspektive der Jahrzehnte erscheint ihre Entstehung als unweigerliche Folge der vorangegangenen Entwicklungen im Umfeld der Computertechnik. Markieren die Meilenstein der Open Source Geschichte nur die Reifezeiten der Elemente im größeren Prozeß? Warum gerade zu diesen Zeitpunkten? Was ist wirklich neu an dieser Bewegung?



Technische Voraussetzungen


Am Anfang war die Inkompatibilität.


In den Anfängen der Informatik herrschender Zustand der totalen Inkompatibilität, der Unmöglichkeit des Datenaustausches zwischen den Computern hat einen Druck in Richtung Standardisierung erzeugt. Die Möglichkeit, den offenen Quellcode von Unix auf unterschiedliche Plattformen zu portieren hat maßgeblich zu seinem Erfolg beigetragen und ihn als quasi-Standard in der Industrie plaziert. Unix war frei, aber die Hardware noch immer nicht frei zugänglich bzw. zu teuer. Es dauerte noch mehrere Jahre bis die Personal Computer da waren, erschwinglich für jedermann.Die steigenden Verkaufszahlen der PCs hatten die Forderung nach dem Internet für jedermann zur Folge. Hier hat die Offenheit in Form von offenen und offen diskutierten Standards weltweite Erfolge verzeichnet: DNS, HTTP . Erst aber die breite Verfügbarkeit der Internet-Zugänge ermöglichte die Entstehung , nicht Erfindung, des besten Werkzeuges der Open Source: des permanentes peer reviews. Dazu war aber das Überschreiten einer "kritischen Masse" der interessierten Entwickler/Benutzer im Internet erforderlich. An diesem kleinen Überblick ist die gegenseitige Abhängigkeit von Technik und offenem Ansatz zur Softwareerzeugung deutlich.

Warum aber fanden und finden sich überhaupt Leute, die bereit sind an diesen offenen Entstehungsprozeß mitzuwirken?



Soziale Aspekte.


Am Anfang war die Unzufriedenheit.


Der freie Austausch der Ideen ist wohl nichts neues. Es ist eher die Norm im akademischen Umfeld. Die Gründe sind klar: Austausch der Erfahrungen und Ideen verhindert Redundanz bei der Forschung. Der Widerstand der Industrie gegen breite Anwendung dieser Prinzipien in der Softwareentwicklung war wohl einer der Gründe für die Bildung der Hacker-Gegenkultur. Mit der Hippie-Ära kam die philosophisch-politische Ideologie dazu. Die Gründung der Free Software Foundation war der Ausdruck dieser Tendenzen. Es sah die Software, die Ideen bei ihre Entwicklung eher als Kulturgut der Menschheit, und nicht nur als Produkt eines Individuums. Was am Anfang als linkslastiges, politisches Kredo aussah, hat sich im Laufe der Jahre als weitreichende und praxisnahe Einstellung zu dem Prozeß der Softwareentwicklung kristallisiert. Der Boom der billigen Hardware Anfang der 80. Jahre brachte die Erfüllung der Forderung der Free Software Bewegung nach dem freien Zugang zu Computer-Resourcen ("Computer Power for People")., die breite Verfügbarkeit des Internet die nach dem freien Zugang zu Informationen. Jetzt konnten alle in diesem Sinne "frei" sein. Wie die Geschichte vieler Projekte beweist: die Freiheit wurde ausgenutzt. Was zuerst nur wenige Hacker interessierte, wurde innerhalb wenige Jahre tatsächlich zur gemeinsamen Aktivität (und Besitz) der Internetgemeinde. Warum beteiligen sich so viele? Da gibt es das volle Spektrum der Gründe. Den kleinsten gemeinsamen Nenner könnte man vielleicht ausmachen: die Unzufriedenheit mit dem Vorhandenen und purer Spaß. Wenn man sich die deklarierten Ziele vieler Projekte anschaut, so ist es in den meisten Fällen die Unzufriedenheit mit den vorhandenen Produkten, kommerziellen oder aus anderen Open Source Projekten, der Ausgangspunkt. Der Benutzer wird zum Entwickler. Die "Freiheit" im Sinne der Unabhängigkeit von einer Firma kommt hier voll zum Tragen. "Spassfaktor" eines Projekts ist vielleicht aus dem Standpunkt des Projektgründers klar, hat aber auch eine starke soziale Komponenete: die Attraktivität des Projekts entscheidet über den Zulauf der Entwickler und in weiter Folge die Lebenserwartung des Projekts im Internet. Im gewissen Sinne konkurrieren Open Source Projekte nicht um die Endbenutzer, sondern um die Entwickler. Der einzige Lohn ist die Zufriedenheit in allen Formen: vom kleinen Spass bis zur magischen Selbstverwirklichung, Etwas vom kleinen Programmchen bis zum grossen Kunstwerk geschaft zu haben. Genau diese sehr Persönliche Seite des Engagements ist aber für die Industrie-Profis gar nicht greifbar, daher auch alle mögliche Bedenken gegenüber dem Einsatz der Open Source Modelle im "professionellen" Umfeld. Den Erfolg vieler Open-Source-Projekte kann man nicht leugnen, also versucht man in der Industrie damit zu leben. Fast alle Versuche gehen aber in Richtung "Outsourcing" in die Außenwelt, was ja die "klassische" Einstellung zu Softwareerstellung rettet. Man hat den Eindruck, nicht einmal die Firmen wie Linux-Distributoren ganz klare Geschäftskonzepte besitzen. Vielleicht eben deswegen, weil es mit der Einstellung der Managern unvereinbar ist, sich auf so etwas wages wie "Spassfaktor" als ernste Kategorie im Geschäftsleben zu verlasen. So gesehen, ist Open Source als "Produktionsverfahren" eine echte Revolution in der Industriewelt. Manche behaupten, die 3 nach Taylorismus und Industrialisierung der Agrarwirtschaft ;))



Bewertung


Wirkliche Neuheit?


Die Idee, etwas auf die Art und Weise zu produzieren, wie es die Open-Source-Gemeide tut, ist nicht neu. Die Tatsache, und die Mechanismen, die dazu führen, das es mit der Software tatsächlich funktioniert, sind es aber. Sie sind in der Industriewelt offensichtlich so neu, dass es nur wenig Verständnis dafür gibt. Da die Open-Source-Projekte eine erstaunliche Langlebigkeit zeigen, werden wir mit ihnen wohl noch länger leben. Ist die Entstehung des Open-Source-Modells nur ein Indikator eines größeren Trends in der Gesellschaft? Kann es auch außerhalb von Internet funktionieren? Es ist zu früh, um auf die diese Fragen Antworten zu geben.


Weiterführende Informationen


> Open Sources: Voices from the Open Source Revolution Die ganze Geschichte (Buch online)
> Free CPU Open Source: warum nicht auch bei der Hardware ...
> The very real limitations of open source Quintessenz der typischen Ängste
> Philosophy of the GNU Project Pflichtlektüre
> Eric's Random Writings noch eine Pflichtlektüre: Bazaar etc...
> Aus der Open-Source-Geschichte lernen, Teil I Offene Geheimnisse (c't Magazin Online)
> Aus der Open-Source-Geschichte lernen, Teil II Die neue Hackordnung (c't Magazin Online)

Verweise auf Arbeiten anderer Gruppen


> Community Programming@Produktionsverhältnisse Erläutert detailiert die Geschichte des GNU Projekts und die Idee hinter freier Software.

> Programmieren als Kunst@Produktionsverhältnisse
Viele Mitglieder der Hackerkultur sehen sich selbst als Künstler; dieser Artikel befasst sich mit dem Thema genauer.

>Entstehungskontext | Konzepte und Techniken | Entwicklung und Auswirkungen | Praxis | Bewertung


Für den Inhalt verantwortlich: Adam Ziemkiewicz, E881, 8626463