fit 2002 > Modellierung > Bewertung

Überblick

Bei der Bewertung werden wir uns mit dem Organisatorischen Umfeld bei der Einführung von >Büroautomatisierung bzw. von >Workflowmanangment getrennt befassen. Büroautomatisierung und die Einführung von Workflowmangement-Systemen werden anschließend in ihren >menschlichen Aspekten betrachtet.
Weiters werden wir kurz Produkte (bzw. Lösungen) beschreiben, die sich am Markt durchgesetzt haben, namentlich >SAP.
(von Patrick Seidelmann, MatNr.: 9925372 und Rainer Hibbeln, MatNr.: 9925655)

Im Anschluss soll ein Überblick über die Zukunft des > User Modelling gegeben werden.
(von Andreas Brandstetter, MatNr.: 9826152)

Büroautomatisierung

Unter Büroautomatisierung versteht man im Allgemeinen das Ausrüsten von Büros mit Computern, bzw. technischen Geräten, die die Arbeit erleichtern oder intensivieren sollen. Büroautomatisierung kann parallel zur >Fabriksautomatisierung betrachtet werden. Allerdings möchten wir uns in diesem Text eher auf die Büroautomatisierung beschränken.

Zu den Vorteilen der Büroautomatisierung zählen:

  • Einfachere Bearbeitung, Manipulation und Auffinden von Daten und Dokumenten
  • Durch Vernetzung die Möglichkeit, Daten zentral zu speichern und konsitent zu halten.
  • Direkte Kontrolle von oben nicht mehr notwendig, es gibt subtilere Möglichkeiten
  • Archive werden elektronisch billiger und für "alle" Zeiten gesichert.
  • ...
Am Markt sind nur wenige brauchbare in Büro verwendbare Softwarepakete (wie etwa Microsoft Office) erhältlich. Dadurch gibt es ein vereinheitlichtes User Interface, was den Vorteil hat, beherrscht man nur ein einziges Tool, so hat man mit höchster Wahrscheinlichkeit auch die anderen Tools im Griff. Weiters liegt der Schwerpunkt zwischen Hard- und Softwarekosten mehr bei den Lizenzkosten der Softwarepakete. Diese Entwicklung wird sich erst dann umkehren lassen, wenn sich freie Software etablieren kann.

Leider lassen sich alleine durch die Büroautomatisierung nicht alle Rationalisierungspotentiale ausschöpfen, weil die Arbeitsprozeße in einem Unternehmen grundsätzlich unverändert bleibt und sich nur die Art ihrer Ausführung ändert.

Wenn zum Beispiel in einem Unternehmen früher bei größeren Ausgaben die Finanzbuchhaltung oder die Kostenstelle informiert werden muss, ist früher der Mitarbeiter zu der entsprechenden Stelle hingegangen, jetzt schreibt er ein Email, und muß auf die Antwort, bzw. im schlimmsten Fall eine schriftliche Quittung warten. Mit der geeigneten Software, wäre es möglich eventuell je nach Betrag und Verwendung, überhaupt keinen anderen Mitarbeiter zu belangen, sondern alles automatisiert zu machen. Das führt uns direkt zum Workflowmanagement.

Workflowmanagement

Workflowmanagement kann wie folgt definiert werden: Workflowmanagement ist die Administration, Organisation und Steuerung von Workflows, wobei ein Workflow ein computergestützter, administrierbarer und steuerbarer Prozess ist. Diese Definition legt schon nahe, was Workflowmanagement zu realisieren versucht. Nämlich dort wo die Büroautomatisierung an ihre Grenzen stösst fortzufahren. Ziel ist es nun nicht mehr Arbeitsprozesse durch bessere Infrastruktur, sprich Computer, zu unterstützen und vereinfachen, sondern die Arbeitsprozesse an diese neue Infrastruktur anzupassen und sie dafür zu optimieren.

Die Ziele vom Workflowmanagement sind dadurch denen des CIM (des "Computer Integrated Manufacturing") sehr ähnlich, wobei sich Workflowmanagent allerdings nicht auf Fertigungsprozesse beschränkt, sondern vor allem auch administrative Prozesse zu verbessern versucht. Wenn man das nachfolgende Y-Modell von Scheer betrachtet, liegt der Schwerpunkt von CIM eher auf der rechten Seite und der Schwerpunkt von Workflowmanagement eher auf der linken Seite, wobei natürlich zu sagen ist, dass es hier einen fließenden Übergang gibt.
Y-Modell von Scheer

Die Lösungsansätze von Workflowmanagment müssen genauso unterschiedlich und diversitär sein, wie die Unternehmen selbst. Daher ist der Einsatz eines universellen Tools so wie in der >Büroautomatisierung nicht möglich.

Deshalb gibt es nur sogenannte "Core"- Sofwarepakete für Workflowmanagment, welche nur die Grundfunktionen eines Betriebes (wie etwa Finanzbuchhaltung) beinhalten. Weiters gibt es für dieses Softwarepaket noch Ergänzungen, die für eigene Unternehmenssparten notwendig sind. Anschließend wird dieses Paket an die Wünsche des Unternehmens angepasst.

Die Effektivität der Workflowmanagement-Software hängt in hohem Maß von dieser Anpassung (oder "Customizing") ab. Dies ist ein dualer Prozess. Denn einerseits wird die Software, den Eigenheiten und gewachsenen Strukturen der jeweiligen Firma angepasst, und andererseits werden Geschäftsvorgänge und Prozesse, eben Workflows, auch verändert. Es werden zum Beispiel zu komplizierte Geschäftsprozesse für das Customizing vereinfacht, weil erhöhte Komplexität, sowohl die Kosten des Anpassens als auch die des Betriebs erhöht. Durch falsches Customizing, wenn zum Beispiel zu große Rücksicht auf mit der Zeit gewachsene Strukturen gelegt wird, kann man das Rationalisierungspotential stark verringern.

Menschliche Aspekte

Büroautomatisierung und Workflowmanagement-Systeme bringen auch für den Menschen Veränderungen. Die Veränderungen für den Arbeitgeber sind eben das schon oben angesprochene Rationalisierungspotential und die Tatsache, die einzelnen Mitarbeiter und ihre Leistung besser unter Kontrolle zu haben.

Die Auswirkungen für die Arbeitnehmer sind leider nicht immer positiv:
Zum Ersten bedeutet das Rationalisierungspotential im Allgemeinen, dass sich die Firma von einigen Mitarbeitern trennen kann.
Zum Zweiten stößt, die für die Einführung von Workflowmangement-Systemen notwendige Ummodellierung der Arbeitsprozesse, nicht immer auf große Gegenliebe bei den Angestellten, denn die haben sich an das alte System gewöhnt und auch eine informelle Struktur herum aufgebaut. Diese Probleme können allerdings durch sorgfälltige Planung und Einbeziehen der Angestellten in die Planungsphase bis zu einem gewissen Grad verhindert werden. Mehr zu diesem Problem findet man auch hier: >Praxis@Modellierung.
Außerdem bringt das Verändern der Arbeitsabläufe eine Arbeitsintensivierung mit sich (wie auch schon die Automatisierung des Büros). So wurde beispielsweise ein Brief bzw. ein Bericht vor der Einführung von einem Workflowmanagement-System in die andere Abteilung getragen, was eine kurze Arbeitspause mit sich gebracht hat und eventuell ein bißchen Smalltalk mit den Arbeitskollegen. Jetzt wird er per Mausklick im entsprechenden Workflow weitergeschickt und es kommt gleich der nächste Arbeitsauftrag.
Ein letzter Punkt ist vielleicht noch, dass zu starke Regeln in einem Workflowmanagment-System Individualität und Kreativität einschränken. Arbeitsabläufe, die vorher spannend und interessant, weil jedes Mal eine Herausforderung, waren, können zur Routine verkommen.

Büroautomatisierung in Kombination mit Workflowmanagement ist eigentlich eine Taylorisierung des Büros. Die planenden Tätigkeiten werden nicht mehr von den Angestellten sondern vom System ausgeführt, das alles vorgibt. Damit geht eine Dequalifizierung der Arbeitnehmer einher, die auch für die Taylorisierung in den Fabriken charakteristisch war. Da sich der Taylorismus in der Fertigung auch nicht durchgesetzt hat, besteht aber durchaus berechtigte Hoffnung, dass in Zukunft die oben angesprochenen negativen Punkte von den Arbeitgebern bzw. den Anbietern von Workflowmanagement-Software erkannt werden.

Beispiel: SAP R/3


SAP basiert grundsätzlich auf dem Y-Modell von Scheer, ist allerdings prozessorientiert, während das Y-Modell funktionsorientiert ist. SAP R/3 entstand Anfang der 90er Jahre aus der Mainframeapplikation SAP R/2 und setzte im Gegensatz zu seinem Vorgänger das Client/Server - Prinzip um. SAP ist eine deutsche Firma, die mittlerweile zum Marktführer bei Workflowmanagementsoftware geworden ist.

Das SAP-Core Paket enthält Finanzbuchhaltung, Produktionsplanung und Personalmanagement. Die Kosten dafür belaufen sich auf cirka 1 bis 2 Millionen Schilling. Außerdem gibt es noch Erweiterungspakete für fast alle Geschäftssparten, vom Flughafen bis zum Krankenhaus, und vom Customer-Relationship-Management bis zur Lagerverwaltung. Das Customizing wird entweder direkt von SAP oder von einer Partnerfirma vorgenommen.

Ein weiteres Ziel bei der Integration von SAP in einem Unternehmen ist es auch, bestehende Software (wie etwa Büroautomatisierungsprogramme oder CAx- Programme) in SAP zu integrieren. Dabei wird klar, daß es nach der Inbetriebnahme von SAP kaum noch möglich ist, von SAP wieder wegzukommen bzw. Konkurrentsoftware parallel laufen zu lassen. Es kommt daher auch zu einer Abhängigkeit von den SAP Produkten.

Im Allgemeinen zahlt sich SAP nur für genügend große Unternehmen aus, wobei hier wirklich keine allgemeinen Aussagen zulässig sind.. Bei einer Betriebsgröße von unter 400 Mitarbeitern ist im Allgemeinen das Rationalisierungspotential von SAP geringer als die Kosten der Einführung. Für die Zukunft will SAP allerdings auch Kleinfirmen als Kunden gewinnen, um sich gegen Microsoft abzusichern, die offensichtlich in diesen Markt einsteigen wollen. Die durch SAP erreichten Einsparungen hängen davon ab, wieweit das Unternehmen umstrukturiert werden kann und darf und wieweit sich die Geschäftsprozesse für eine derartige Umstrukturierung eigenen.

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Weiterführende Informationen


>[SAP] ...ein Beispiel für Workflowmanagement-Software
>[derstandard.at] Artikel über Pläne von SAP Kleinfirmen zu fokusieren

>[NAVISION] Workflowmanagement-Software-Anbieter, der auf Mittelbetriebe spezialisiert ist
>[heise.de] Artikel auf heise.de, über den geplanten Aufkauf von Navision durch Microsoft

>[Institut für Wirtschaftsinformatik] Arbeitsbericht über "CIM und CA- Componenten" des Instituts für Wirtschaftsinformatik, Universität Münster

Verweise auf Arbeiten anderer Gruppen


> Konzepte und Techniken@SpiralModell Das Pendant zum Y-Modell aus der Softwaretechnik, welches an seiner linken bzw. rechten Seite zwischen planender- und realisierender Tätigkeit unterscheidet

> Zukunft@Email (fit 2001) Visionen über Email, die sich zu einem fixen Bestandteil der Büroautomatisierung entwickelt hat

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