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Praxis des Knowledge Management

Erfahrungsdatenbanken

Ein typisches Beispiel für eine Erfahrungsdatenbank ist die seit 1995 bei der >[Chase Manhattan Bank] sich in Verwendung befindliche Relationship Marketing Database. Datenbankbenutzer sind die im Call-Center tätigen Mitarbeiter der Bank. Aus der organisatorischen Perspektive ist diese Abteilung dem Marketing zugeordnet. Die Erfahrungsdatenbank erlaubt es, während eines Kundengesprächs kundenspezifische Daten einzugeben oder abzurufen. Dies können Fakten wie berufliche Position, Adresse oder Kontostände, aber auch weiche Wissensinhalte wie Einschätzung der Risikofreude, Vorlieben für bestimmte Anlagentypen und Eigenheiten im Kommunikationsverhalten des Kunden sein. Der Hauptvorteil für die Bank besteht in einem und effizienteren effektiveren Kundenmanagement. Durch die zur Verfügung gestellte  Kundenhistorie und -eigenschaften können Kunden zum einen gezielter, zum anderen unabhängig von einem bestimmten Mitarbeiter beraten werden.

Data Warehousing >weiteres Beispiel

Das Business Information Warehouse der >[SAP AG] ist ein Data Warehouse System, das primär für das betriebswirtschaftliche Standardsoftware-Paket SAP R/3 entwickelt wurde. Es analysiert die Geschäftsprozesse, die mit den R/3-Komponenten wie Sales und Distribution (SD) oder Produktionsplanung und -steuerung (PP) operativ gesteuert werden. Zu diesem Zweck basieren sowohl die R/3-Anwendungen als auch das Business Information Warehouse auf einem gemeinsamen Geschäftsprozessmodell. Es wird in einer logisch integrierten Meta-Datenbank, dem SAP Repository, gespeichert und verwaltet. Mit mehreren tausend betrieblichen Tätigkeiten ist das SAP R/3-Repository einer der größten Speicher von Geschäftsprozesswissen.

Hypertextlösungen

Intranets und Virtual Communities stellen Anwendungsformen von Hypertext-Lösungen für das Management von Prozesswissen dar. Ein Intranet ist ein Informations- und Kommunikationsnetz innerhalb eines Unternehmens, das auf Internet-Standards, IP Protokollen und -Diensten basiert und über Integrationsmechanismen wie Common Gateway Interfaces (CGIs) und Application Programming Interfaces (APIs) auf bestehende Anwendungen und Datenbanken zugreift. Das [KUNO-Frontsystem] ist ein Beispiel für ein Intranet, das 1997 von der LGT Bank in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen entwickelt wurde. Das KUNO-Frontsystem vereinigt Vertriebsprozess,  Produktmanagement und Marktanalyse. Es verbindet Informationen über Kunden, Produkte, Finanzmärkte und Anlageoptionen und präsentiert sie dem Kundenberater unter einer einheitlichen Oberfläche.

Auch Virtual Communities erheben den Anspruch, als Werkzeuge für das Wissensmanagement eingesetzt werden zu können. Insbesondere sollen sie dazu dienen, Wissen, das ansonsten nur schwer zugänglich und strukturierbar ist, zu erfassen und zu verwalten. Zu diesem Zweck werden die unterschiedlichen Hypertext-Instrumente des Internet miteinander kombiniert, z. B. persönliche Seiten zur Präsentation der Interessen eines Mitglieds, Foren zur themenbezogenen Kommunikation oder moderierte und unmoderierte Chats zum Austausch von Informationen.

Systeme der Künstlichen Intelligenz (KI)

Als Paradebeispiel verdeutlichen wir das KI-System CLAVIER. Es handelt sich um die Arbeits- und Ablaufplanung der Produktion von Flugzeugbauteilen, insbesondere die Beherrschung der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten zur Montage von Einzelteilen und Baugruppen. CLAVIER ist ein typisches Beispiel für frühe Implementierungen von CBR-Systemen.

Case-Based-Reasoning- und Expertensysteme sind KI-Instrumente die am häufigsten im Zusammenhang mit Wissensmanagement diskutiert werden.

Unter dem Begriff Case-Based Reasoning (CBR) – fallbasiertem Schließen – versteht man ein Instrumentarium, das neue Probleme löst, indem es Lösungen alter Fälle auf die neue Problemsituation überträgt und wiederverwendet. Aamodt und Plaza haben CBR auf vier idealtypische Phasen zurückgeführt, die sich zyklisch wiederholen:

  • Suche ähnlicher Fälle (Retrieve),
  • Wiederverwendung gefundener Fälle für eine neue Lösung (Reuse),
  • Anpassung der alten Lösung, falls dies notwendig sein sollte (Revise),
  •  und Aufnahme der neuen Lösung in die Fallbasis (Retain)

 Ein weiteres Beispiel für ein KI-System ist KONUS. Es wurde vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) für ein Maschinenbau-Unternehmen als Prototyp entwickelt. Die Aufgabe des Systems bestand darin, Designentscheidungen für Kurbelwellen zu unterstützen. Dabei galt es insbesondere, den einzigen Experten der Unternehmung auf diesem Gebiet zu entlasten, indem sein Wissen dokumentiert und informationstechnisch weiteren Personenkreisen zugänglich gemacht wurde. Aus finanziellen Gründen kam KONUS nie über den Status eines Prototypen hinaus. Dies gilt auch für zahlreiche andere Expertensysteme. So liegen nur wenige professionelle Erfahrungen in der Nutzung dieses Systemtyps vor.