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Problemstellung & Vorgeschichte

[Computer HAL won't let Astronaut Dave into the spaceship]
DAVE: All right, HAL; I'll go in through the emergency airlock.
HAL: Without your space helmet, Dave, you're going to find that rather difficult.
DAVE: HAL, I won't argue with you anymore! Open the doors!
HAL: Dave, this conversation can serve no purpose anymore.
Goodbye.[CLARK]
  
Ab den Fünfziger Jahren wurden Computer kommerziell eingesetzt. Zu diesen Zeitpunkt waren Computer allerdings bei weiten zu teuer und das Personal zu gut geschult, um Entwicklungsarbeit in aufwändige Kommunikationsmodelle rentabel erscheinen zu lassen. Da die Benutzer von Computern in den meisten Fällen auch deren Programmierer waren, besaßen sie die Fähigkeit bei Fehlfunktionen die oftmals kryptischen Fehlermeldungen zu analysieren und den Fehler zu beheben, genau wie sie bereits Gedankenmodelle entwickelt haben die genau auf die Arbeitsweise „ihrer“ Maschine zugeschnitten waren.

Computer wurden zu dieser Zeit hauptsächlich dazu verwendet um vorformulierte Probleme zu lösen oder große Datenmengen nach strikt definierten Vorgaben auszuwerten. Kommunikation mit dem Computer lief nach folgenden Muster ab:

  • Formulierung des Problems im Hinblick auf die Restriktionen des Systems wie Funktionsumfang, Datenspeicherung, zur Verfügung stehende Register, etc..
  • Übersetzung des Entwurfs in eine für den Computer verständliche Sprache (in den fünfziger Jahren Lochkarten)
  • Eingabe der Lochkarte in den Rechner
  • Warten bis der Rechner das Programm durchgearbeitet hat und es auf Korrektheit überprüfen und gegebenenfalls Fehlerkorrekturen durchführen.

Wie man sehen kann, war diese Art der Kommunikation extrem linear und in kaum interaktiv, konnte aber aufgrund des oben genannten Arbeitsumfeldes trotzdem zu einigermaßen effektiver Arbeit genutzt werden. Unbedarfte User mussten jedoch enorm lange Einarbeitungszeiten in Kauf nehmen. So lag es also an den Theoretikern neue Konzepte auszuarbeiten.

Als eine der wichtigsten Publikationen zu diesen Thema muß J.C.R. Lickliders „Man-Computer Synthesis“ angeführt werden. Eine von Lickliders Hauptthesen war das Computer nicht mehr ausschlieslich zur Problemlösung beitragen sollen, sondern in einen Interaktiven Prozess schon bei der Problemdefinition behilflich sein sollen. Er stellt sich diesen Prozess „als eine Art Konversation vor, welche Mensch und Maschine zu einer Problemlöseeinheit verschmilzt“[PFLÜG99]

Diese Ideen wurden von weiteren Autoren aufgegriffen und Ende der 50er und in den 60er Jahren war die Rede von Konversation mit dem Computer gang und gäbe. Die technische Entwicklung war den hochfliegenden Plänen der Theoretiker aber nicht gewachsen und so blieb die Vision von intelligenter Kommunikation im Reich der Science Fiction. User Interfaces wurden immer besser – man stieg von rein texlichen oder vektorbasierten UI auf graphische UIs um, die graphischen UIs wurden immer weiterentwickelt, die darunterliegenden Betriebssysteme multitaskingfähig gemacht, Lickliders Vision des durch Konversation in den Problemformulierungsablauf helfend eingreifenden Computers jedoch weitestgehend ignoriert.

Vorgeschichte

Orginalbild - [EVO]

„The hope is that, in not too many years, human brains and computing machines will be coupled together very tightly, and that the resulting partnership will think as no human brain has ever thought and process data in a way not approached by the information-handling machines we know today.“ [LICK60]

Definition:

"Kommunikation ist die Übermittlung von Information und Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäss spezifischer Zielsetzungen."[BRUN97]

Als die ersten Menschen an ihren Arbeitsplätzen durch Maschinen ersetzt wurden, und sie diese nur noch steuern und kontrollieren mussten (anstatt die Arbeit selbst zu erledigen) begann im Prinzip das Zeitalter des Computers als Partner – Licklider bezeichnet die Beziehung in diesem Sinn allerdings als „Semi-Automatische Systeme“, die sich dann zu Automatischen Systemen weiterentwickelten.

Ziel der Entwickler war allerdings den Computer dazu zu bringen, komplexe Gedankengänge, die zwar von vornherein „denkbar“ sind, allerdings für Menschen nur sehr schwierig bewältigbar, zu „denken“. Resultat dieser immer noch andauernden Entwicklung ist die sogenannte „künstliche Intelligenz“ (dieser Begriff ist seit 1956 in Verwendung), die heute schon in sehr vielen Einsatzgebieten Verwendung findet – Militär (als treibende finanzielle Kraft), natürliche Sprachverarbeitung, Spiele, usw.

Die Entwicklung begann in den 50er Jahren, als erstmals versucht wurde, menschliches Verhalten durch einen Computer zu simulieren. Eine fundamentale Arbeit von 1950 ist zum Beispiel Alan Turing’s „Computing machinery and intelligence“, in der er die Frage des Computers als Denkmaschine behandelt und ob ein Computer überhaupt denken kann (daraus entstand der berühmte „Turing-Test“).

Weiters veröffentlichte Claude Shannon mit 'Programming a computer for playing chess' (1950) eine sehr wichtige Arbeit zu dem Thema, die sich mit schachspielenden Maschinen beschäftigt. Infolge dieser Arbeit entwickelte sich die Simulation von menschlichem Spielverhalten zu einem wichtigen Forschungsgebiet. 

Anthony Oettinger war wohl der erste, der ein Programm zur maschinellen Sprachübersetzung auf der Basis eines zweisprachigen Wörterbuches (1954) entwickelte. Die Sprachübersetzung- und Verarbeitung hat sich danach auch zu einem fundamentalen Forschungsbereich der KI entwickelt.

1956 erschienen weitere essentielle Werke für die Artificial Intelligence: Claude Shannon’s 'A chess-playing machine' und Allan Newell’s 'The chess machine').  Es wurde auch bereits in diesem Jahr ein Programm präsentiert, das (auf niedrigem Niveau) auf einem verkleinertem Feld Schach spielen konnte.

Allerdings stellte sich nach ersten frühen Erfolgen in der Grundlagenforschung rasch eine gewisse Ernüchterung ein, da die Bereiche natürliche Sprache und strategische Spiele eine nicht erwartete Komplexität zeigten, die vom Rechenaufwand her in Bereichen lagen, die damals nicht zu bewältigen waren...

Im Bereich der natürlichen Sprachverarbeitung ist man bereits kurz vor einem wichtigen Durchbruch: es wird in der nahen Zukufnt interaktive Netze mit einfachem (sprachgesteuertem) Zugang zu riesigen Informationsquellen geben, die das Verhalten der Menschen am Arbeitsplatz, beim Spielen und bei alltäglichen Dingen nachhaltig beeinflussen werden... Das ist besonders wichtig, da im Moment der Zugang zu solchen Informationen noch auf einen kleinen Prozentsatz der Menschheit beschränkt ist, der lesen kann und Zugang zu Computern – sprich Internet – hat. Ohne Fortschritte in diesem Bereich wird die Bildungsschere (und damit der Unterschied zwischen „Erster“ und „Dritter Welt“) noch größer werden. Weiters bedeutet es einen riesigen Verlust an menschlichem Potential, das im Moment noch ungenutzt bleibt.   

[CLARK] Arthur C. Clarke – 2001 - Mass Market Paperback - Reissue edition (September 12, 2000)

[PFLÜG99] Pflüger, Jörg:  Hören, Sehen, Staunen. Zur Ideengeschichte der Interaktivität . mtg Medien/Theorie/Geschichte. > http://waste.informatik.hu-berlin.de/mtg/mtg4/pflueger.html 

[EVO] http://www.ftu.fzk.de/sceptic/Bilder/Comics/Evu.jpg

[LICK60] Licklider, J.C.R.: Man-Computer Symbiosis, IRE Transactions on Human Factors in Electronic, HFE-1, March 1960, S. 4-11, abgedruckt in: In Memoriam: J,C,R, Licklider 1915-1990, Digital Equipment Corporation 1990, S.1-15

[BRUN97] Bruhn, M.: Kommunikationspolitik: Bedeutung - Strategien - Instrumente, München 1997, Vahlen, S. 1
 

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