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"Das ideale User-Interface (nach Shneiderman)"
 
Jeder Benutzer hat seine eigenen Vorlieben und Tendenzen, und wenn man diese mit der Unmenge an möglichen Anwendungssituationen bzw. Einsatzgebieten von User-Interfaces multipliziert, kommt man auf eine unglaubliche Vielfalt an Interaktionsmöglichkeiten.

Unterschiede in Vorwissen, Einschulung und Häufigkeit der Benutzung erfordern auch unterschiedliche Interface-Lösungen.

Verwendung von Profile

Am Beginn jedes Design-Prozesses sollte der Versuch stehen die EndBenutzer zu verstehen. Geeignete Mittel dafür sind Benutzerprofile mit Angaben über Alter, Geschlecht, Ausbildung, kulturellem und ethnischem Hintergrund, Einschulung, Motivation, Ziele und Persönlichkeit. Zumeist gibt es für ein Produkt mehrere zum Teil sehr unterschiedliche Benutzergruppen, was das Design eines für alle geeigneten User-Interfaces zusätzlich erschwert. Außer der Benutzung solcher statistischer Profile ist auch noch ein User-Testing am (fast) fertigen Produkt (Beta) empfehlenswert.

Man könnte zum Beispiel auch versuchen die Anwender in folgende drei Kategorien einzuordnen:

  • Anfänger / erstmalige Benutzer

    Sie besitzen kaum, oder nur sehr wenig Vorwissen. Wenn Wissen vorhanden ist, dann ist dieses meist fachlicher Natur (Anwendungsgebiet des Programms). Im Umgang mit Computern sind diese Benutzer nicht erfahren. Für die erfolgreiche und vor allem einfache Benützung der Anwendung sollte man für diese User Anleitungen, ausführliche Dialogboxen und eine übersichtliche Online-Hilfe inkludieren. Die Zahl der notwendigen Aktionen um einen Task auszuführen sollte möglichst klein gehalten werden, da sich die User umständliche Befehlsfolgen nicht merken können. Das Feed-Back sollte sehr informativ sein und die Fehlermeldungen sollten eine detailierte Beschreibung des aufgetretenen Fehlers enthalten sowie auch eine Anleitung zur Behebung des aufgetretenen Problems.

  • Benutzer mit Computervorwissen / zeitweilige Benutzer

    Diese User verwenden die Anwendung regelmäßig und/oder haben bereits Erfahrung mit Computern und einer Zahl an verschiedenen Interfaces und gängigen Paradigmen. Prinzipiell sollten diese User nach etwas Einübung keine Schwierigkeiten haben ihre Tasks auszuführen. Zur Erleichterung des Wiederfindens gewünschter Funktionen empfiehlt es sich eine klar strukturierte Menüführung und konsistente Bezeichnungen. Online-Help-Screens sollen Lücken im Wissen des Users ausfüllen.

  • Experten / häufige Benutzer der Anwendung

    Experten kennen sich optimal mit der Anwendung und mit Computern aus und sind nur darauf aus, ihre Arbeit mit möglichst geringem Zeitaufwand durchzuführen. Schnelle Antwortzeiten und kein überdetailiertes Feed-Back sind erwünscht. Keyboard-Shortcuts und die Möglichkeit Makros für häufiger auftretende Tasks zu erstellen können helfen die Arbeitsgeschwindigkeit weiter zu erhöhen.

Die unterschiedlichen Interaktionsstile

Sehr wichtig für ein gelungenes User-Interface ist auch die Wahl des richtigen, beziehungsweise des am besten geeigneten Interaktionsstiles. Nur in seltenen Fällen lässt sich ein bestimmter Aktionsstil als der einzig richtige definieren. Oft trifft man folgende Stile auch in Kombinationen an.

  • Direkte Manipulation

    Durch die virtuelle Reprästentation der Interaktions-Objekte und -Methoden ist die Bedienung hier besonders leicht zu erlernen. Zudem werden viele Fehler bereits von vornherein vermieden (Tippfehler, ...). Der Benutzer wird ermutigt neues auszuprobieren. Direkte Manipulation ist aber sehr aufwendig zu programmieren.

  • Menüauswahl

    Durch die Verwendung von Menüs sind weniger Tastenanschläge notwendig und das Erinnern an die einzelnen Befehle fällt leichter. Die strukturierte Anordnung der Befehle in den Menüs hilft auch bei der strukturierten Entscheidungsfindung. Menüs erlauben die Verwendung von Dialog-Tools und einfaches Fehlerhandling. Nachteilhaft können Menüs sein, wenn es zu viele Befehle anzuordnen gilt, und die Menüstruktur dadurch zu groß wird und unübersichtlich wirkt. Menüs verbrauchen auch große Mengen an Platz auf dem Bildschirm und geübte Benutzer können durch das Durchsuchen der Menühierarchie in ihrer Geschwindigkeit gebremst werden.

  • Forms

    Formulare vereinfachen besonders die Eingabe von Daten und sie benötigen kein (kaum) Training, da ihre Benützung ziemlich intuitiv ist. Es ist auch sehr einfach Hilfestellungen bezüglich der Eingabe zu geben, aber der Platzverbrauch von Formularen ist massiv.

  • Kommandosprache

    Ist im Prinzip nur für Experten geeignet, da die Kommandos alle zuvor erlernt werden müssen. Das Fehlerhandling ist sehr schlecht, Möglichkeiten zur Fehlervermeidung sind kaum gegeben. Kommandosprachen sind aber sehr einfach zu Programmieren und auch Makro-Erstellung ist sehr einfach zu realisieren.

Die 8 goldenen Regeln des User-Interface-Design

Die 8 goldenen Regeln des User-Interface Designs nach Ben Shneiderman:

  • Nach Konsistenz streben

    Dies ist eine sehr einsichtige, aber dennoch sehr oft verletzte Regel, da es sehr viele unterschiedliche Formen von Konsistenz gibt: Terminologie in Menüs, Prompts, Help-Screens, ... Weiters sollten auch noch die Farbgebung, die Schriftauswahl, die Klein- und Großschreibung, ... konsistent sein. Ähnliche Tasks sollten durch ähnliche Abläufe erreicht werden (sequences of action).

  • Shortcuts

    Abkürzungen, Keyboard Shortcuts, Möglichkeiten Macros zu erstellen und ähnliche Dinge (in Kombination mit kurzen Antwortzeiten und schnellen Anzeigeraten) zur Erhöhung der Geschwindigkeit, besonders für fortgeschrittene User.

  • Informatives Feedback

    Es sollte für jede Aktion Feedback geboten werden. Umso häufiger diese Aktion benutzt wird, umso knapper sollte das Feedback aber ausfallen, da es sonst lästig wirkt. Selten auftretende Fälle sollten aber detailierter beschrieben werden.

  • Geschlossene Dialoggruppen

    Geschlossene, zusammengehörige Handlungsabläufe sollte man in Gruppen mit Anfang, Mitte und Ende organisieren. Das erleichtert das Handling, da der User durch den ganzen Vorgang geleitet wird, sobald er den Anfang erreicht hat und nach Beendigung der Gruppe seine volle Aufmerksamkeit der nächsten Tätigkeit widmen kann.

  • Fehlervermeidung und einfache Fehlerhandhabung

    Das Interface sollte bereits so designt sein, das es kaum möglich ist fehlerhafte Eingaben zu machen. Tritt dennoch ein Fehler auf, sollte die Fehlermeldung möglichst konstruktiv ausfallen und Vorschläge zur Behebung des Fehlers erscheinen.

  • Umkehrbarkeit von Aktionen

    Möglichst alle Aktionen sollten einfach umkehrbar sein, weil der Benutzer damit zum Ausprobieren von neuen Funktionen ermutigt wird, "weil ja eh nichts kaputt gemacht werden kann".

  • Interne Kontrollmöglichkeiten bieten

    Erfahrene User wollen über alle Vorgänge des Systems Kontrolle besitzen. Es sollte keine unvorhersehbaren Systemaktionen auftreten und der momentane Status sollte immer leicht abfragbar sein. Der User sollte immer das Gefühl haben die Aktionen auszulösen und nicht nur darauf zu reagieren.

  • Möglichst geringe Belastung des Kurzzeitgedächtnisses

    Menschen sind nicht in der Lage sich durchschnittlich mehr als sieben Chunks im Kurzzeitgedächtnis zu behalten. Darum sollten alle Screens des Interfaces nicht zu überfüllt und auch einzelne Befehlsfolgen nie zu lange sein, damit man das Wichtigste einfach im Gedächtnis behalten kann.

Unterstützung zur Vermeidung von Fehlern

Bei Anwendungen treten sehr häufig Fehler auf, die leicht zu vermeiden wären. Auch erfahrenen Benutzern unterlaufen aufgrund von Unachtsamkeit immer wieder unnötige Fehler. Die Geschwindigkeit und Produktivität wird dadurch aber entschieden beeinträchtigt.

Diese Verluste sind am einfachsten durch aussagekräftige Fehlermeldungen zu verringern. Wenn genau die Art und die Stelle des Auftretens des Fehlers beschrieben werden, sollte dieser ohne Probleme behoben werden können. Meist ist der Fehler (solange der Befehl nicht wirklich falsch verstanden wurde) auch leicht aus der Eingabe ersichtlich.

Noch besser ist es aber, solchen Fehlern bereits durch das Interface vorzubeugen. Das lässt sich unter anderem durch folgende drei Techniken erreichen:

  • Vervollständigen von "matching Pairs"

    z.B. Klammer auf / Klammer zu oder Beginn- und End-Tags im HTML-Code. Es ist möglich, dass beim Tippen einer öffnenden Klammer auch die schließende gleich mit eingefügt und der Cursor dazwischen plaziert wird. Durch ähnliche Effekte beim Löschen einer Klammer ist es nicht möglich eine falsche Klammerung zustande zu bekommen. Manche User finden diesen Eingriff aber bereits zu restriktiv und zu streng und würden eher bevorzugen beim Fehlen einer Klammer nur am Rande des Bildschirms eine Warnung angezeigt zu bekommen.

  • Sequenzen vervollständigen

    Sind für eine Aktion mehrere Kommandos notwendig, so sollte man diese soweit wie möglich zu einem Kommando zusammenfassen. Ist dies nicht möglich, können über das Interface nach der Eingabe des ersten Kommandos weitere Möglichkeiten vorgeschlagen werden. Damit muss die komplette Abfolge der Befehle nicht im Gedächtnis behalten werden.

  • Kommandokorrektur

    Tipp- und Syntaxfehler sind oft dadurch zu vermeiden, dass man nach Eingabe von nur wenigen Zeichen mögliche Vervollständigungen des Kommandos vorgibt. Diese Vorgehensweise ist sinnvoller als Fehlermeldungen, da der Fehler zumeist ohnehin klar ersichtlich ist, und dann das Kommando erneut eingetippt werden muss. Eine Fehlermeldung wird eigentlich erst benötigt, wenn der Fehler durch ein falsches Verständnis des Befehles entstand.

Noch weniger Fehlermöglichkeiten bei der Eingabe hat man bei der Verwendung eines Interaktionsstils über direkte Manipulation.
 

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